Aarwangen – Ausgangslage
Auf der engen Ortsdurchfahrt sind Fussgängerinnen und Fussgänger, Velos, Autos, Lastwagen und zudem auch die Züge der Bahnlinie Langenthal–Solothurn unterwegs. In den morgendlichen Spitzenstunden fahren rund 1500 Fahrzeugen durch den Ortskern, knapp jedes neunte ist ein Lastwagen. Die Verkehrssituation entlang der Hauptachse beeinträchtigt die Verkehrsteilnehmenden, besonders jene, die mit dem Velo oder zu Fuss unterwegs sind. Der Schulweg ist gefährlich für die Kinder. Vom Verkehr besonders betroffen sind schliesslich auch die Anwohnerinnen und Anwohner. Der Verkehrslärm ist für sie belastend und die Aufenthalts- und Wohnqualität entlang der Strasse ist stark eingeschränkt.
Der Engpass in Aarwangen wirkt sich auf weite Teile des Oberaargaus aus. Wegen des hohen Verkehrsaufkommens kommt es praktisch täglich zu Staus, was die Erreichbarkeit der ganzen Region erschwert. Davon betroffen ist nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Wirtschaft. Etliche bekannte und international tätige Unternehmen haben ihren Sitz in der Region. Der Anteil der Industriearbeitsplätze liegt deutlich über dem kantonalen Durchschnitt. Vor allem die exportorientierte Industrie ist auf gute Verkehrsverbindungen, insbesondere zur Autobahn, an- gewiesen. Seit über dreissig Jahren suchen der Kanton und die Region nach einer Lösung. Die vorgesehene Umfahrungsstrasse sowie die Massnahmen an der Ortsdurchfahrt sollen die Verkehrssituation verbessern, Staus reduzieren und Aarwangen mehr Sicherheit und Lebensqualität bringen.
Das Projekt in Kürze – Umfahrungsstrasse
Vorgesehen ist der Bau einer zweispurigen, 3,6 Kilometer langen Strasse für den Durchgangs- und Schwerverkehr. Die neue Strasse zweigt im Wald nord-westlich von Aarwangen von der Kantonsstrasse Niederbipp–Langenthal ab, quert die Aare auf einer 480 Meter langen Brücke, führt etwa einen Kilometer durch Landwirtschaftsgebiet und unterquert den Spichigwald in einem rund 500 Meter langen Tunnel. Anschlies- send führt sie über den vorwiegend landwirtschaftlich genutzten Risenacher zwischen Aarwangen und Bützberg und mündet östlich von Bützberg über einen Kreisel in die Kantonsstrasse Bern–Langenthal. Die Umfahrung entlastet die Ortsdurchfahrt von Aarwangen und weitere Strassen in der Umgebung deutlich vom Durchgangs- und Schwerverkehr: Berechnungen gehen davon aus, dass die Verkehrsmenge durch den Ortskern etwa halbiert werden kann und wesentlich weniger Lastwagen durch Aarwangen fahren.
Auf der Umfahrungsstrasse, die auch verlagerten Verkehr von anderen Strassen aufnimmt, werden an Werktagen bis zu 14 000 Fahrzeuge erwartet. Die neue Verkehrsführung mit dem leistungsfähigen Anschlusskreisel auf der Kantons- strasse Bern–Langenthal soll Thunstetten und Bützberg vor Schleichverkehr schützen. Der Kanton wird in den zwei Dörfern vor und nach der Eröffnung der Umfahrung Verkehrserhebungen durchführen. Falls notwendig wird er zusammen mit der Gemeinde Massnahmen treffen.
Das Projekt in Kürze – Ortsdurchfahrt Aarwangen
Die Umfahrungsstrasse entlastet Aarwangen vom Durchgangsverkehr. Nach der Inbetriebnahme der Umfahrungsstrasse wird die Ortsdurchfahrt entsprechend umgestaltet und saniert. Dank Massnahmen für den Fuss- und Veloverkehr wird der Ortskern ruhiger und sicherer. Vorgesehen sind unter anderem neue Radstreifen und Gehwege so- wie Mittelinseln, die das Überqueren der Strasse erleichtern. Neu gilt auf der Ortsdurchfahrt (Abschnitte Zentrum und Hard) Tempo 30. Zudem wird ein lärmmindernder Belag eingebaut. Im Zentrum werden sich Bahn und Auto die Spuren teilen. So wird mehr Platz für Velos und Fussgängerinnen und Fussgänger geschaffen. Die neue Gestaltung des Bahntrassees auf und entlang der Ortsdurchfahrt Aarwangen sowie die Ausrüstung der Bahnübergänge mit Schranken helfen, Unfälle zu vermeiden.
Die Aare Seeland mobil AG (asm) modernisiert den Bahnhof Aarwangen und gestaltet ihn hindernisfrei. Die Erneuerung des Bahnhofs ist Teil des Gesamtprojekts, wird aber vollumfänglich von der asm realisiert und finanziert. Ausserdem entsteht mit der Umgestaltung der Ortsdurchfahrt eine neue, hindernisfreie Haltestelle «Aarwangen Hard». Diese ersetzt die bisherigen Haltestellen «Aarwangen Vorstadt» und «Hard- Mumenthal»
Die ökologischen und landwirtschaftlichen Massnahmen
Das Projekt beansprucht insgesamt 6,3 Hektaren Land dauerhaft. Davon sind rund 4,5 Hektaren landwirtschaftliches Kulturland (alles Fruchtfolgeflächen) und rund 1,6 Hek- taren Wald. Die neue Strasse greift in die Landschaft ein und wirkt sich auf Pflanzen und Tiere und ihre Lebensräume aus. Zudem gehört das betroffene Gebiet dank besonders wertvollen Lebensräumen von gefährdeten Arten zum Smaragdgebiet Oberaargau und ist Teil des europäischen Netzwerks Smaragd. Als Ausgleich für die Eingriffe, welche für die Umfahrungsstrasse nötig sind, werden zahlreiche Ersatzmassnahmen und Renaturierungen vorgenommen. Geplant sind etwa Wiederaufforstungen, artenreich bepflanzte Böschungen, Nistkästen, das Anle- gen von Tümpeln für Amphibien, von Hecken und Feuchtwiesen sowie die Offenlegung von Bächen.
Wie viel kostet das Projekt und wie wird es finanziert?
Die Gesamtkosten für die Umfahrung, die Sanierung der Ortsdurchfahrt, des Bahnhofs und die verkehrsbedingte Landumlegung belaufen sich gemäss Projekt auf 194,1 Millionen Franken. An den Kosten beteiligen sich das Bundesamt für Strassen ASTRA und das Bundesamt für Landwirtschaft BLW wie auch die Aare Seeland mobil AG mithilfe des Bahninfrastrukturfonds des Bundes. Weitere Finanzierungsbeiträge stammen von Gemeinden sowie von Werken, die ihre Leitungen sanieren. Die Gesamtkosten zulasten des Kantons werden mit 107,7 Millionen Franken brutto veranschlagt. Darin enthalten sind bereits früher bewilligte Projektierungskosten von insgesamt 9,9 Millionen Franken. In dieser Volksabstimmung entscheiden die Stimm- berechtigten so- mit über einen Kredit von 97,8 Millionen Franken für die Ausführung der Verkehrssanierung Aarwangen.
Wieso sind die Grünliberalen gegen die Umfahrungsstrasse Aarwangen?
Wir sind aus umwelt-, verkehrs- und finanzpolitischen Gründen gegen den Verpflichtungskredit für die Verkehrssanierung Aarwangen aus.
Kulturlandverlust und Eingriff in schützenswertes Smaragd- und Naherholungsgebiet
Die geplante Umfahrungsstrasse führt mitten durch wertvolles Kulturland. Fruchtbare Ackerfläche und damit eine wichtige Ressource für die einheimische Lebensmittelpro- duktion geht dadurch für immer verloren. Die Strasse würde die Landschaft bleibend verändern und schützenswerte Lebensräume erheblich beeinträchtigen. Sie führt durch ein Gebiet, in welchem zahlreiche gefährdete und seltene Tier- und Pflanzenarten vorkommen.
Widerspruch zum Klimaschutz
Die geplante Umfahrungsstrasse bedeutet einen massiven Ausbau der regionalen Strassenkapazität und führt zu Mehrverkehr, der ohne Umfahrungsstrasse nicht auftreten würde. Das Projekt steht somit im Widerspruch zum Klimaartikel in der Kantonsverfassung und zu den Klimazielen des Bundes (Netto-Null bis 2050).
Verkehrsprobleme werden verlagert
Mit dem Bau der Umfahrungsstrasse werden die Verkehrsprobleme nicht gelöst, sondern allenfalls verlagert. Nach Ansicht des Komitees ist zwischen Bützberg und Langenthal mit einer permanenten Überlastung der Bern-Zürich-Strasse zu rechnen, was insbesondere in Bützberg und Thunstetten zu zusätzlichen Staus und deutlichem Mehr- und Umwegverkehr führen wird.
Finanzpolitisch unverantwortlich, fraglicher Nutzen
Das Projekt ist mit geplanten Ausgaben von 194 Millionen Franken sehr teuer und das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht gut genug. Die sehr knappen Finanzmittel des Kantons müssen für nachhaltigere Projekte im ganzen Kanton eingesetzt werden. Verbesserungen der Verkehrssicherheit auch ohne Umfahrung Mit einer Aufwertung des bestehenden Strassenraumes in Aarwangen kann die Si- cherheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer deutlich günstiger und in kürzerer Zeit verbessert werden. Viele Ortschaften im Kanton Bern mit einer ähnli- chen Verkehrsbelastung konnten bessere und kostengünstigere Lösungen finden («Berner Modell» z.B. in Wabern, Köniz und Burgdorf, jeweils bei deutlich höheren Verkehrsmengen als in Aarwangen).